Im ehemaligen Fliegerhorst mit dem Tower, den Hangarhallen und den großen Kasernenbauten waren einmal an die 8.000 Soldaten untergebracht. Ein Investor möchte das seit Jahren brachliegende Gelände neu beleben – und vor Ort an die 1.500 Wohnungen errichten. Es gibt bereits einen B-Plan für das Gelände. Der Investor möchte diesen aber gern geändert wissen, um die Altbauten nicht abreißen zu müssen. Ihm schwebt stattdessen eine Sanierung vor. Das Projekt schwelt seit vielen Jahren. Just hat es in einer Gemeindesitzung wieder einen deutlichen Dämpfer erhalten.
Der Erlenbruch könnte einmal ein ganz neuer Ortsteil von Schönwalde-Glien werden. Das ehemalige Militärgelände mit dem alten Fliegerhorst lag viele Jahre über völlig brach. Die alten Kasernen zerfielen, Birken wuchsen aus den eingefallenen Dächern, die Wege brachen auf.
Bodo Oehme hat als Bürgermeister von Schönwalde-Glien bereits seit 1994 mit dem Gelände zu tun – und die Idee im Kopf, es weiter zu entwickeln. Damals hatte der Bund die Liegenschaft an das Land Brandenburg weitergereicht. 2018 wurde es an die Schönwalde Wohnen GmbH verkauft. Seit dieser Zeit kauen der Investor, die Gemeinde und die Gemeindevertretung gemeinsam auf dem Knochen herum, wie der Erlenbruch in Zukunft einmal aussehen könnte.
Fakt ist: Für eine Fläche von etwa 80 Hektar gibt es bereits einen rechtskräftigen Bebauungsplan im Erlenbruch. Laut diesem B-Plan aus dem Jahr 2005 dürfte der Investor sofort mit dem Bauen beginnen. Die Grundlage dafür ist ein städtebaulicher Rahmenplan aus den Jahren 1994 und 95. Allerdings sieht dieser alte Plan den Abriss der noch vorhandenen Häuser vor. Anschließend würde das Gelände neu geordnet werden und es dürften Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser errichtet werden, auch ein Geschosswohnungsbau wäre möglich.
Nun möchte der Investor den Bebauungsplan aber gern ändern, um die noch vorhandene Bausubstanz weiterhin zu nutzen und die Kasernen demnach zu sanieren. Vor Ort würde dabei ein reiner Geschosswohnungsbau entstehen. Geplant sind auf einer Fläche von 48 Hektar 1.500 Wohnungen, die Platz für etwa 3.750 weitere Schönwalder schaffen würden.
Warum die Änderung im B-Plan? Investor Gerald Breschke: “Wir sind echte Sanierungsexperten und haben große Erfahrungen damit, militärische Kasernen in neuen Wohnraum umzubauen. Es wäre ökologischer Unsinn, die alten Bauten abzureißen und alles neu zu planen. Wir sind ein Familienunternehmen, mein Sohn ist ebenfalls mit an Bord. Und wir würden auch möglichst viele Wohneinheiten als Eigentümer im eigenen Bestand behalten, um sie dann zu vermieten.”
An die angestrebten Änderungen des Bebauungsplans hat die Gemeinde Schönwalde-Glien bereits einen umfangreichen städtebaulichen Vertrag angeknüpft, der ein Volumen von etwa 20,6 Millionen Euro hat. Bestandteil dieses Vertrages wären u.a. die Finanzierung einer Kita, eine Schulerweiterung, eine Einzäunung des Geländes zum Schutz des sich anschließenden Naturschutzgebietes und der Bau eines Fledermaushauses.
Der neue B-Plan ist aber noch nicht geändert worden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wäre nun – Achtung, jetzt wird es bürokratisch – “die Bestätigung des Abwägungsbeschlusses zu den angestrebten Änderungen des Bebauungsplans”. Die Gemeindevertretersitzung gibt beim Abwägungsbeschluss sozusagen ein Daumen-hoch-Zeichen, nachdem andere Behörden und auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit zu Einwendungen hatten. Dieser Abwägungsbeschluss muss allerdings mit einfacher Mehrheit getroffen werden. Gleichzeitig stellt dieser Beschluss sozusagen die letzte Hürde für den Investor dar, die noch übersprungen werden muss.
Damit die Gemeindevertreter auch wirklich keinen Fehler machen, haben sie eine juristische Prüfung in Auftrag gegeben, um sicherzustellen, dass auch wirklich alles seine Richtigkeit hat.
Bei einer Sondersitzung der Gemeinde am 5. Dezember erklärte der Fachanwalt Jens Frick persönlich, dass die Verwaltung von Schönwalde-Glien seiner Auffassung nach ordnungsgemäß und ohne Mangel gearbeitet hat. Seine Ausführungen wurden auf 30 Seiten Papier festgehalten.
So richtig konnten sich die Gemeindevertreter aber trotzdem noch immer nicht für das Projekt begeistern. Insbesondere der Verkehr, der sich aus der neuen Ansiedlung durch Schönwalde-Glien bis nach Berlin hinein ergießen würde, bereitete den Vertretern gleich mehrerer Parteien große Sorge. Zumal es in der nahen Zukunft nicht abzusehen ist, dass in der Nähe eine Bahnanbindung realisiert wird.
Ein Vorschlag war es, doch anstelle der geplanten Anzahl Wohnungen vielleicht nur die Hälfte oder maximal zwei Drittel zu bauen. Gefragt wurde auch nach sozialverträglichen Wohnungen, nach weiteren Leistungen des Investors im städtebaulichen Vertrag und nach Problemen wie etwa der Regenversickerung auf dem Gelände. Yvonne Hartley von der SPD: “Es geht auch um die Haftung wegen dem hohen Grundwasser im Erlenbruch. Da sind noch viele Fragen offen. Wir können auf dieser Basis keinem neuen B-Plan zustimmen, der auch nicht besser ist als der alte.”
Eine richtige Diskussion zwischen der Gemeindevertretung und dem Investor kam allerdings nicht wirklich zustande. Es wurde auch die Frage gestellt, ob die Verwaltung von Schönwalde-Glien, die eh schon eine Überlastungsanzeige gestellt hat, überhaupt dazu in der Lage sei, das Projekt entsprechend zu begleiten.
Uta Krieg-Oehme von der CDU versuchte noch, das Projekt anzuschubsen: “Es werden ja nicht alle Wohneinheiten auf einmal gebaut. Da wird man ja nach und nach sehen, wie die Verkehre laufen.”
Am Ende kam es nach vielen Wortbeiträgen zu einer namentlichen Abstimmung. Acht Gemeindevertreter stimmten für den Abwägungsbeschluss, acht dagegen. Eine Person enthielt sich nach langer Überlegung der Stimme. Damit wurde die Abwägung nicht beschlossen, weil keine Mehrheit erzielt wurde.
Investor Gerald Breschke: “Es zeichnete sich bereits im Vorfeld ab, dass es nur eine 50:50-Chance dafür gibt, dass der Abwägungsbeschluss durchkommt. Ich finde es schade, dass die Abgeordneten so entschieden haben. Für die Gemeinde ist das ein großer Verlust. Wie es nun weitergeht? Wir werden Mitte Januar entscheiden, wie wir weiter vorgehen.”
Bürgermeister Bodo Oehme fühlte sich nach der Abstimmung persönlich enttäuscht. Er wies noch einmal darauf hin, dass es einen alten und noch rechtskräftigen Bebauungsplan gibt, nach dem der Investor sofort bauen könnte. Der damalige Städtebauliche- und Erschließungsvertrag habe aber wesentlich weniger Finanzmittel vom Investor eingefordert. Der neue Vertrag bringt ein Volumen von über 20 Millionen Euro auf.
Bodo Oehme: “Die Differenz müsste nun die Gemeinde tragen. Das Abstimmungsergebnis bedeutet, dass es wieder keine Verlässlichkeit in politische Entscheidungen von Wahlperiode zu Wahlperiode gibt. Der Verlierer ist das Ansehen, mit großen Auswirkungen für die Gemeinde.” (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 214 (1/2024).